Feminism is not a crime – Bündnis „What the Fuck!?“ fordert Freispruch!
Erster Berufungsprozess am 06.05.: Sitzblockaden sind keine Nötigung!
Die Teilnahme an einer feministischen Sitzblockade gegen den „Marsch für das Leben“ im Jahr 2019 wird am Donnerstag, den 6. Mai, vor dem Landgericht Berlin verhandelt. Die Angeklagte hatte nach einer Verurteilung vor dem Amtsgericht zu 15 Tagessätzen a 45 Euro Berufung eingelegt. Die Anklage der Staatsanwaltschaft lautet weiterhin Nötigung. Der Berufungsprozess findet um 12 Uhr [Turmstraße 91, Raum 3/729] statt.
Bisher haben knapp 40 Verhandlungen vor dem Amtsgericht stattgefunden, freigesprochen wurde jedoch keine:r der Angeklagten. Während die ersten Verfahren gegen Zahlungen von jeweils einigen hundert Euro eingestellt wurden, besteht die Staatsanwaltschaft inzwischen häufig auf eine Entschuldigung und verlangt von den Aktivist:innen, sich von der Teilnahme an der Sitzblockade distanzieren.
Dieses Vorgehen skandalisiert das Bündnis „What the Fuck!?“. „Sitzblockaden sind keine Nötigung, sondern eine legitime Form des politischen Protests.“, so Lilly Kramer, Pressesprecherin des Bündnis. „Wenn, wie beim „Marsch für das Leben“, antifeministische und extrem Rechte AktuerInnen gemeinsam auf die Straße gehen, dann braucht es entschlossenen Gegenprotest.“
Die am Donnerstag angeklagte Aktivist:in stellt sich ebenfalls gegen die Verurteilung und will zeigen, dass legitimer Protest gegen fundamentalistische ChristInnen einen Freispruch verdient: „Es kann nicht sein, dass immer noch versucht wird, Menschen vorzuschreiben, was sie mit ihren Körpern tun sollen, und was nicht. Schwangerschaftsabbrüche dürfen nicht länger kriminalisiert und stigmatisiert werden. Der Staat muss nachlegen und darf nicht weiter an Volksvermehrungsideologien mit den Paragrafen 218 und 219a StGB festhalten. Die verstaubte staatliche Rückendeckung für die Fundis muss endlich aufhören! Und dagegen werde ich weiterhin protestieren, denn das ist mein gutes Recht.“
Nicht nur durch die unsägliche Kriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen werden Menschen bei ihrer Selbstbestimmung Steine in den Weg gelegt, auch durch das Ausmaß der staatlichen Repressionen gegen den queer-feministischen Protest. Um die 100 Feminist:innen stehen aufgrund einer Sitzblockade gegen den fundamentalistischen „Marsch für das Leben“ 2019 vor Gericht. Der Vorwurf: Nötigung. Dies scheint ein Trend bei der Staatsanwaltschaft zu sein, denn auch bei der Sitzblockade gegen einen Neonaziaufmarsch in Hohenschönhausen am 3. Oktober 2020 lautet der Vorwurf Nötigung.
Zusammen mit dem „Berliner Bündnis gegen Rechts“ hat das Bündnis „What the Fuck!?“ eine Petition gegen die Kriminalisierung von Sitzblockaden gestartet: weact.campact.de.
Viele Erstunterzeichner:innen – darunter Esther Bejarano, Hengameh Yaghoobifarah, mehrere Bundestagsabgeordnete, Komitee für Grundrechte und Demokratie e.V., Bündnis Dresden Nazifrei sowie Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung – sind der Meinung, dass Sitzblockaden keine Nötigung sind und legitimer Gegenprotest keine so große Repressionswelle verdient.
Zum Prozess am Donnertag wird es eine Solidaritätskundgebung um 11:30 Uhr am Landgericht Berlin, Turmstr. 91 geben. (Link zur Veranstaltungsankündigung)